2015

Boris Mikhailov

Mikhailov-Kaiserring2015
Foto: Heike Göttert, photogeno Goslar

Die Ausstellung in Goslar zeigt zahlreiche Arbeiten aus den wichtigsten Werkserien des 1938 in Charkow (Ukraine) geborenen Künstlers. Mikhailov, der auf autodidaktischem Wege zur Fotografie fand und heute in Berlin und Charkow lebt, gehört unbestritten zu den bedeutendsten Chronisten der sowjetischen und postsowjetischen Gesellschaft. In den ausgestellten Werkreihen „Sandwich“, „Red„, „Luriki“ und „Sots-Art“ aus den sechziger bis in die achtziger Jahre unterwandert Mikhailov den allgegenwärtigen Sozialismus durch nachträgliche Kolorierung und surreal erscheinende Überlagerungen.

Grotesk anmutende dokumentarische Szenen zeigt Mikhailov in der Schwarzweißserie „Salzsee“ (1986): unbeeindruckt von einer feindseligenIndustrielandschaft suchen Badende Erholung in schäumenden Abwässern.

Nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums setzte sich Mikhailov kritisch mit dem Einzug westlichen Lebensstils („Tea, Coffee, Cappucccino„, 2000-2010) und den ungelösten sozialen Folgen der Perestroika auseinander. Zu den bekanntesten Serien gehört „Case-History“ (1997/98), in der er Obdachlose schonungslos und in inszenierten Posen zeigt.

Eine Industriezone im Donezbecken aus dem Jahre 2012 („Promzona„) sowie die dramatisch düsteren Bilder „At Dusk“ (1993) zeigen die Folgen sowjetischer Wirtschaftspolitik und die alptraumhafte Stimmung der Menschen in Charkow nach dem Untergang des Systems.

Mit dem Monumentalbild „Time Out“ aus der Serie „The Theatre of War“ erweist sich Boris Mikhailov als sensibler Chronist der aktuellen politischen Situation in der Ukraine. Während der Proteste Ende 2013 befand er sich mitten unter den Demonstranten auf dem Kiewer Majdan und fotografierte die Zusammenstöße zwischen Bürgern und Staatsgewalt aus nächster Nähe.


Werke

© Boris Mikhailov, VG Bild-Kunst, Bonn 2015;
courtesy Galerie Barbara Weiss, Berlin


Pressekonferenz

Fotos: Sascha Engel